Chronik des Musikzuges Wehrstedt

Das Protokollbuch der Kapelle der freiwilligen Feuerwehr Wehrstedt weist auf Seite 1 folgendes aus: „Die Kapelle der freiwilligen Feuerwehr Wehrstedt wurde am 01. Oktober 1935 gegründet. Als Gründer fanden sich folgende Mitglieder: Fritz Hoppoe, Heinrich Rössing, Heinrich Chrome, Paul Thieme, Karl Vespermann, Hermann Stei, Adolf Hoffmann, Fritz Haupt, Walter Schünemann, August Böse, Wilhelm Wissmann, Heinrich Huwald

Es war nicht das erste Mal, dass man in Wehrstedt frohe Blasmusikklänge vernehmen konnte. Schon viele Jahre vorher gab es einen Posaunenchor, in kleinen Gruppen wurde auf Saiteninstrumenten gespielt, so dass gesagt werden kann: „Musik hat schon immer das Leben der Wehrstedter in angenehmer Weise beeinflusst und in unzähligen Stunden unbeschwerter und froher gemacht!“

Der Posaunenchor war es dann auch, der die Feuerwehr-Kapelle mit den ersten Instrumenten ausstattete. Mit 4 Flügelhörnern, 2 Tenorhörnern, 1 Posaune und 1 Tuba ging es los. Die Wehrstedter Bürger erkannten sehr schnell den kulturellen Wert dieser Kapelle für ihr Dorf und sammelten spontan Geld, um die noch fehlenden Instrumente anschaffen zu können. Die musikalische Leitung der Kapelle legte man in die Hände von Heinrich Huwald, der zum übungsabend und den anderen Veranstaltungen mit dem Fahrrad aus Bockenem angeradelt kam, um die Wehrstedter Musiker schnell auf einen beachtlichen Leistungsstand zu bringen. Dem Protokoll ist zu entnehmen, dass schon kurz nach der Gründung Musikveranstaltungen in Wehrstedt wie auch in den benachbarten Gemeinden stattfanden.

Traditionen, die der Wehrstedter Feuerwehrmusikzug bis zum heutigen Tage pflegt, haben ihren Ursprung in den 30er Jahren. Die Fastnachtsfeier mit dem Umzug am Rosenmontag (heute am Rosensamstag) und dem Sammeln für das anschließende Vesperessen mit Wurst und Schinken, der Umzug am 1. Mai (heute am 30. April zum Tanz in den Mai) und in neuerer Zeit die musikalische Begleitung sportlicher oder schulischer Aktivitäten sind aus dem Leben in Wehrstedt nicht mehr wegzudenken.

Die Aktivitäten der Kapelle im Jahre 1938 zeigen deutlich, welchen Stand sie damals schon erreicht hatte. Neben dem Maiumzug wurde in jenem Jahr in den Gaststätten Wolf und Kopperschmidt zum Tanz aufgespielt, es wurden mehrere Ständchen zur Hochzeit, Silberhochzeit und zur Goldenen Hochzeit geben und es wurde so manche gemütliche, musikalisch umrahmte Stunde im Kreise der Feuerwehrkameraden erlebt. Der große Einschnitt kam aber sehr bald. Das Protokoll weist für das Jahr 1939 als letzte Veranstaltung das „Himmelfahrtskonzert im Ziegenberg“ aus. Mit Ausbruch des Krieges brach das musikalische Leben, für das bis dahin die Feuerwehrkameraden gesorgt hatten, zusammen.

Als großes Glück im Unglück kann heute festgestellt werden, dass nach Kriegsende im Jahre 1945 sich alle Musikzugsmitglieder wieder einfanden, um die Menschen Wehrstedts und in der näheren Umgebung mit Ihrer Musik wieder aufzumuntern und über manche trostlose Stunde hinwegzuhelfen.

Die Jahre 1947 bis 1949 brachten der Feuerwehrkapelle einen großen Aufschwung. Die Vorbilder der ersten Stunde beeinflussten durch ihr musikalisches Können und ihre Zuverlässigkeit die nachfolgende Generation. In diesem kurzen Zeitraum traten dem Musikzug 11 neue Mitglieder bei. Dadurch wurde letztlich auch die Möglichkeit eröffnet, in guter Besetzung mehr und mehr zur Konzertmusik überzugehen. In den 50er Jahren war die Wehrstedter Feuerwehrkapelle gern gesehener Gast bei den vielfältigsten Veranstaltungen im näheren und weiteren Umkreis. Nachdem der Dirigent Heinrich Huwald fast 20 Jahre Aufbauarbeit im Musikzug geleistet hatte, gab er Ende 1954 diese Arbeit aus Altersgründen auf.

Als Nachfolger konnte Paul Meißner aus Bad Salzdetfurth gewonnen werden. Er übernahm die musikalischen Geschicke am 01.12.1954 und leitete den Musikzug bis Ende 1959. In dieser Zeit wurde der Schwerpunkt an Übungsabenden auf konzertante Musik gelegt. Es wurden sehr schöne, für die Bläser aber auch anspruchvolle Stücke eingeübt. In über 100 Veranstaltungen, die in diese Zeit fielen, vermochten die Wehrstedter Bläser ihre Zuhörer zu begeistern. Leider musste der Dirigent Paul Meißner aus gesundheitlichen Gründen Ende 1959 seine Tätigkeit in Wehrstedt einstellen. Nachfolger wurde der Musiker Paul Fischer aus Bockenem, der das Amt des Dirigenten am 20.01.1960 übernahm. Er führte die wertvolle Arbeit seines Vorgängers fort und achtete dabei insbesondere auf die Ausbildung und Förderung der Jungbläser. Seine Amtszeit endete am 01.08.1963 und wiederum waren es gesundheitliche Gründe, die ein so frühzeitiges Ausscheiden erzwangen.

Schon am 28.08.1963 war die Position des Dirigenten wieder besetzt. Es war den Verantwortlichen gelungen, Erwin Schubert aus Nette für den wichtigen Posten zu gewinnen. Mit schmissiger Musik konnte es also nahtlos weitergehen. Das Jahr 1963 brachte aber auch noch eine bemerkenswerte andere Veränderung im Vorstand des Musikzuges: Siegfried Bolm wurde am 19.01.1963 zum 1. Vorsitzenden gewählt; der bis dahin, also 28 Jahre lang (!), als 1. Vorsitzender fungierende Fritz Hoppe wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Es gibt sicherlich nicht viele Vereine mit einer über 60-jährigen Geschichte, welche in diese Zeit von nur zwei 1. Vorsitzenden gelenkt worden sind. Hier ist auch einer der Gründe zu sehen, warum der Musikzug Wehrstedt eine verschworene Gemeinschaft und im Dorf fest verwurzelte Institution ist. Natürlich durchlebt man auch Tiefpunkte im Laufe der vielen Jahre, sie waren aber nur von kurzer Dauer und konnten durch die Autorität des Vorsitzenden problemlos überwunden werden. Das Engagement der einzelnen Musikzugmitglieder und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Dirigenten brachten einen erfreulichen Zulauf jugendlicher Bläser. Es ist erfreulich festzustellen, dass viele dieser Jugendlichen bis heute dem Musikzug die Treue gehalten haben. Auch als im Jahre 1970 Udo Mahnkopf aus Wehrstedt die musikalische Leitung der Kapelle übernahm, wurde sich intensiv um die Jugendarbeit bemüht.

Der Aufbau des Musikzuges fand seine Fortsetzung als Wolfgang Helbig im Jahre 1986 die musikalische Leitung übernommen hatte. Nach über 15 Jahren musste Udo Mahnkopf aus gesundheitlichen Gründen von der Leitung des Musikzuges zurücktreten. Er ist für seine Leistungen von den Musikern zum Ehrendirigenten ernannt worden und war noch, bis er im Jahre 2002 verstarb, sehr erfolgreich als aktiver Bläser und in der Ausbildung des Nachwuchses tätig.

Im Jahre 2001 stand ein Führungswechsel der besonderen Art beim Musikzug an: Siegfried Bolm trat nach 39 Jahren als 1. Vorsitzender von seinem Amt zurück um Platz für eine neue Generation zu machen. Nachfolger wurde von 2001 bis 2007 für 6 Jahre sein Sohn Stephan Bolm. Siegfried Bolm wurde daraufhin auf Wunsch aller Mitglieder zum Ehrenvorsitzenden ernannt und steht dem Musikzug auch heute noch als aktiver Bläser und für die Ausbildung des Nachwuchses zur Verfügung. Er ist seit 57 Jahren im Musikzug aktiv und hält somit die längste Mitgliedschaft eines Bläsers im Musikzug überhaupt inne. Dies macht im so schnell niemand nach.

Im Jahre 2007 stand Stephan Bolm auf eigenen Wunsch nicht mehr als 1. Vorsitzender zur Verfügung, daher wurde Helmut Heinz von den Mitgliedern des Musikzuges zum neuen 1. Vorsitzenden gewählt. Die nächsten Jahre brachten noch einige andere personelle änderungen mit sich. So kam im Jahre 2008 mit Daniela Wiese eine musikalische Leiterin zum Musikzug. Wolfgang Helbig gab seinen Dirigentenstab nach 23 erfolgreichen Jahren als musikalischer Leiter und auch als Ausbilder für den Nachwuchs an Daniela Wiese ab. Wolfgang Helbig ist weiterhin als Bläser im Musikzug aktiv und wurde auch mit der Ehrennotengabel in Gold ausgezeichnet.

So eine Umstrukturierung in der musikalischen Leitung ist sicherlich nicht immer einfach und dies musste auch der Musikzug Wehrstedt in der ersten Zeit erfahren. Mittlerweile haben sich die Musiker des Musikzuges, sowie auch die neue Dirigentin aufeinander abgestimmt, um somit den Musikzug noch erfolgreicher in eine aussichtsreiche Zukunft zu führen.

Im Jubiläumsjahr 2010 hat es noch eine Premiere gegeben und zwar wurde für den scheidenden Helmut Heinz mit Heike Bolm zum ersten Mal eine Frau zur 1. Vorsitzenden und Heidi Swift zur 2. Vorsitzenden des Musikzuges der FFW Wehrstedt gewählt.

Heute, im Jahre 2011, können Vorstand, Dirigent und alle Wehrstedter mit Stolz von Ihrem Feuerwehrmusikzug reden. Der Musikzug hat in den vergangenen 75 Jahren wahrlich viel für die Gemeinde Wehrstedt und die Nachbargemeinden geleistet.

Sieht man einmal davon ab, dass seit dem Gründungstag fast 3200 Übungsabende abgehalten wurden, dass...

  • ...mehr als 450 Umzüge in anderen Ortschaften,
  • ...mehr als 65 Rosenmontagsumzüge,
  • ...mehr als 200 Konzerte gegeben,
  • ...mehr als 70 Mal zum Tanz aufgespielt,
  • ...mehr als 65 Mal der Maibaum gepflanzt
und mehr als 200 Mal für Kirche, Schule oder den Sport geblasen wurde, so wird der Wert, den die Wehrstedter Blasmusik für den einzelnen Menschen hatte, erst richtig bewusst, wenn man hört, dass...
  • ...über 150 Ständchen zu Geburtstagen gegeben wurden,
  • ...über 80 Ständchen zu Hochzeiten,
  • ...über 140 Ständchen zu Silberhochzeiten,
  • ...über 50 Ständchen zu Goldenen oder Diamantenen Hochzeiten,
  • ...über 70 Ständchen zu Jubiläen
und mehr als 60 Mal einem Kameraden das letzte Geleit gegeben worden ist.

Möge der Wusch des Vorstandes unter Leitung von Heike Bolm in Erfüllung gehen, „dass die nächsten 75 Jahre genauso erfolgreich verlaufen und der Jugend von Wehrstedt durch die Musik ein Stückchen wertvoller Tugend erhalten bleibt“.